Kunstbauten

Brücken und Tunnels


Kunstbauten sind erforderliche Bauwerke beim Bau eines Streckenabschnitts, die sich dem Betrachter in Form von Bergdurchbrüchen für Tunnels oder Errichtung unterschiedlichster Brücken zur Überquerung von Land- oder Wasserwegen zeigen.

Bei der fränkischen Höllentalbahn musste auch so mancher Kunstbau erstellt werden, dazu ein Beispiel. Wenn sich ein Zug aus Richtung Blankenstein kommend Lichtenberg näherte, musste dieser zuerst den 35,9 Meter langen Muschwitz-Viadukt (beim Blechschmidtenhammer) und nach Durchfahrt der Station Lichtenberg die kleine Steinbrücke über den Lohbach überqueren, um nach 960 Meter in den 160 Meter langen Kesselfelstunnel einzufahren. Sodann rollte dieser über den 65,5 Meter langen Selbitz-Viadukt und fuhr nach weiteren 70 Metern in den 35 Meter langen Kanzelfelstunnel ein. Kurz vor der Station Hölle überfuhr der Zug am Wehr dann noch eine Kastenbrücke.


Brückenbau    l    Muschwitz-Viadukt

Der Muschwitz-Viadukt ist nur einer von vielen Viadukten im ehemaligen (KPEV/DRG) Streckendreieck Oberlandbahn-Sormitztalbahn-Höllentalbahn, welche angepasst an die jeweilige Topologie in den unterschiedlichsten Formen und Größen erstellt wurden.
Mit einer Gesamtlänge von 35,9 Meter überspannt der Muschwitz-Viadukt in einem Bogen mit dem Halbmesser von 300 m im Neigungsverhältnis von 1:200 (5‰) und mit einer Gesamthöhe von 8,1 Meter (Oberkante Notstand ohne Reling) die Muschwitz, die zunächst zur Selbitz fliesst, um kurz danach geeinigt in der Saale zu münden. Zum Bau des Viadukts wurde Diabas und Epprechtsteiner Granit verwendet, wie auch bei allen anderen Viadukten innerhalb der KED Erfurt.

Modellbau

Das Modell wird konsequent maßstäblich nach Vorbild gebaut und dazu wird zunächst den Korpus (Diabas) anhand vieler Detailfotos in Stuckgips graviert (nur bei 1:87), wobei die drei Bögen (Epprechtstein Granit) separat angefertigt werden. Nach erfolgter Lackierung aller fertigen Bauteile mit mattem Klarlack, werden die Bögen in den Korpus eingeschoben und der Viadukt komplett verfugt (Fugenmörtel 0-5 mm, hellgrau).

Bild 7.1
Der Muschwitz-Viadukt aus alten Tagen, als die Grenze noch bestand.
Auf westlicher Seite führten ein paar Meter Gleis bis etwa zur Mitte
des Viadukt (siehe Foto 2+3).
Foto: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.2
So frei wird sich der Muschwitz-Viadukt dem Betrachter wahrscheinlich
nie wieder zeigen - allenfalls auf einer Modellanlage.
Foto: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.3
Im Jahr 1950 befand sich der Viadukt noch im relativ guten Zustand
mit einem Stück Restgleis bis zur Grenzlinie. Rechts unten erkennt man
die Installation zur Umstellung des Vorsignals per Seilzug, welches in
der Station Lichtenberg auf dem Schüttbahnsteig montiert war (1938).
Das Vorsignal wurde vom Bf. Blankenstein (Thür.) aus gestellt.
Foto: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.4
Video still out vom unteren Ende einer Reling mit Fixierpunkt.
Warum allerdings der Fixierpunkt nicht bis zur Unterkante der
Deckplatten montiert wurde, ist nicht mehr zweifelsfrei zu klären.


Bild 7.5
Die zu einem Geh- und Radweg umfunktionierte ehemalige Trasse
im Herbst 2000 aus Richtung Blankenstein gesehen.


Bild 7.6
Der Muschwitz-Viadukt entspricht in seiner Bauausführung
zwar dem Selbitz-Viadukt, aber nicht in seiner Größe.


Bild 7.7
Querschnitt Korpus des Modellviadukts nach Originalmaßen.
Einer der Bögen ist mit eingezeichnet, um eventuelle Probleme
frühzeitig erkennen zu kennen.


Bild 7.8
So stellt sich das Ganze im Modell dar, wie hier auf meiner alten
Spur 1 Anlage (6/2004). Die vorderen Gebäude existieren nicht mehr
und wurden aufgrund einer Straßenverbreiterung abgerissen werden.
Im Gasthaus Blechschmiedenhammer kann man aber weiterhin einkehren,
gut essen und feiern oder als Besucher übernachten.


Tunnelbau    l    Kesselfelstunnel (160m)

Nach Abfahrt eines Zuges aus der Station Lichtenberg erreicht dieser nach 960 Meter das Nordportal des Kesselfelstunnels und durchquert diesen auf einer Länge von 160 Metern in einer Steigung von 1:67 (15‰) mit Ziel Station Hölle. Sobald der Zug den Tunnel verlassen hat, erreicht er nach weiteren 20 Metern den großen Selbitz-Viadukt.


Brückenbau    l    Selbitz-Viadukt

Mitten im Engtal nahe dem E-Werk Höllental (WPR), zwischen dem Kesselfelstunnel und dem Kanzelfelstunnel gelegen, überspannt der Selbitz-Viadukt mit einer Gesamtlänge von 65,5 Meter und Gesamthöhe von 10,8 Meter (Oberkante Abschlußplatte bogenmittig ohne Reling) in einem Neigungsverhältnis von 1:100 (10‰) in Richtung Hölle den natürlichen Taleinschnitt mitsamt dem Flüsschen Selbitz. Diese Synthesis, die sich aus Tunnel-Viadukt-Tunnel ergibt, hat mich seit dem Erscheinen einer Beitragsserie im Eisenbahn Journal immer wieder fasziniert und fest im Griff. Eigens dazu stelle ich am Ende des Beitrags noch einmal Illustrationen ein.

Modellbau

Ebenso wie der Muschwitz-Viadukt wird das Modell konsequent maßstäblich nach Vorbild gebaut. Allerdings wird der Korpus (Diabas) nicht graviert, sondern vorgefertigte Steine an den entsprechenden Stellen platziert, so wie es die vielen Detailfotos und Ansichtskarten vorgegeben. Die Bögen (Epprechtsteiner Granit) werden wieder separat angefertigt und nachdem alle Teile mit Klarlack behandelt wurden, werden die Bögen in den Korpus eingeschoben und alles verfugt (Fugenmörtel 0-5 mm). Soweit die Theorie die Praxis wird es zeigen. Empirisch definiert man das so: Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie.

Bild 7.9
Der Selbitz-Viadukt mit starkem Einwuchs im Jahre 2009. Der Viadukt
ist aus Diabas aufgebaut und die Bögen bestehen aus Epprechtsteiner Granit.


Bild 7.10
Dieser Weg führt in Blickrichtung gesehen nach Hölle, auf welchem in
Zeiten der KPEV und DRG viele Pferdefuhrwerke unterwegs waren.
Sei es mit Holzschliff oder Holzrohstoffen von und nach
der Wied'schen Holzstoff-Fabrik.


Bild 7.11
Der selbe Standpunkt wie zuvor, aber rund 10 Meter höher,
mit Blick auf das Nordportal des Kanzelfelstunnel.
AK: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.12
Eine Ansichtskarte aus alten Zeiten mit einer P 2 der KPEV beim Überqueren
des Selbitz-Viadukt in Richtung Lichtenberger Station.
AK: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.13
Die Angabe auf der Ansichtskarte sagt alles und zeigt, was sich auf der oben
gezeigten AK mit der P 2 etwa 100 Meter hinter dem Viadukt verbirgt: nämlich
Wiede's Holzstoff-Fabrik. In den Jahren 1933/34 erfolgte der Umbau zu einem
Wasserkraftwerk (WPR) mit einer Jahresleistung von 3,5 Mio. kWh.
WPR bedeutet Wiede's Papierfabrik Rosenthal mit Sitz in Blankenstein,
wohin auch der Strom geliefert wurde, und zwar bis zum Jahr 1952!
AK: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.14
Das Werk in Blankenstein benötigt ständig Nachschub an Holzschliff,
was bei der soeben angelieferten Menge kein Problem darstellen sollte.
AK: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.15
Konstruktionszeichnung für den Einbau des Selbitz-Viadukt auf der
alten Spur 1 Anlage im Neigungsverhältnis 1:100 nach Originalmaßen!


Bild 7.16
Manuelle Illustration des Selbitz-Viadukt mit Hilfe von Tusche und Layoutmarker (1989).


Bild 7.17
Querschnitt Modellaufbau Selbitz-Viadukt.
Ein Hindernis beim Bau des Viadukt ist der geringe Raum
unterhalb des großen Bogens (siehe nächstes Foto), um ein
Trassenbrett einwandfrei montieren zu können. Es gelang
wider Erwarten jedoch absolut problemlos (???).


Bild 7.18
Der Viadukt auf der alten Spur 1 Anlage (1/2003 - 12/2004) war aus
Tischlerplatte aufgebaut und hatte bereits jetzt schon ordentliches Gewicht.
Der neue Viadukt entsteht aus MDF und dabei werden auch gleich
die Modellsteine verbaut. Allerdings nicht mehr so, wie in der nächsten
Abbildungen gezeigt, sondern wie hier.


Bild 7.19
Diese Modellsteine entstanden aus Kera-Quick Schiefer, die nach dem
Anzeichnen auf Formatmaß angeritzt und mit Hilf eines Leistenstifts
gebrochen wurden. Er folgte das Aufkleben mit Holzleim, das Lackieren
mit Klarlack und anschließendem Verfugen.


Bild 7.20
Holzkonstruktion des Selbitz-Viadukt mit Blick auf das Nordportal des Kanzelfelstunnel.


Bild 7.21
Fotoausschnitt Kopf Original-Reling.


Bild 7.22
Ausschnitt CAD-Zeichnung Modell-Reling.


Bild 7.23
Zeichnung von der Relinghalterung insgesamt.


Tunnelbau    l    Kanzelfelstunnel (35m)

Von sämtlichen Tunneln im ehemaligen (KPEV/DRG) Streckendreieck Oberlandbahn-Sormitztalbahn-Höllentalbahn ist der Kanzelfelstunnel mit nur 35 Meter Länge der kürzeste, aber der schönste zugleich - zumindest für mich. Deshalb werde ich mir bei der Ausgestaltung dieses Anlagenabschnitts besonders viel Mühe geben.

Bild 7.24
86 413 verlässt den Kanzelfelstunnel (Südportal) um fortan in einer
Steigung von 1:100 (10‰) nach Hölle zu dampfen. Die Steigung wird sich
rund 200 Meter weiter auf 1:50 (20‰) erhöhen. Und das bleibt auch so!
AK Echt-Foto: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.25
Ein Blick zurück, das war's. Kurz und schmerzlos
war das Ende der fränkischen Höllentalbahn.
Foto: Dieter Brandl (Mit freundlicher Genehmigung)


Bild 7.26
Rund 13 Jahre später entstand an meinem Reißbrett diese
Tuschezeichnung vom Südportal des Kanzelfelstunnel mit
Bahnübergang zum Röhrensteig.
Zeichnung: Horst Wilhelm Bauer


Bild 7.27
Illustration Südportal Kanzelfels, gezeichnet
nach Fotovorlage und Originalmaßen.


Bild 7.28
Vollmond über dem Kanzelfels mit wunderschönem Halo.


Brückenbau    l    Kastenbrücke am Wehr

Kurz vor der ehemaligen Station Hölle in einer Entfernung von etwa 400 Metern wurde im Jahr 1886 ein Wehr eigens dazu errichtet, das Wasser der Selbitz in der Sommerzeit zu stauen, um es über den Röhrensteig der Holzstoff-Fabrik zuführen zu können. Die auf diesem Wege übertragene Wasserkraft erzeugte mit zweier Turbinen 600 PS Leistung, die dazu genutzt wurde, Holz schnell zu Holzschliff zu verarbeiten.
Mit dem Bau der Bahnlinie musste jedoch dieses Bauwerk überquert werden, was man mit einer Stahlkonstruktion in Form einer Kastenbrücke bewerkstelligte.
Über die Beschaffenheit dieser Brücke kann ich leider nicht viel berichten und schon gar nicht über alle relevanten Abmessungen. Lediglich die noch heute vorhandenen Lager und Brückenköpfe lassen die Abmessungen erahnen, für einen exakten Nachbau eignen sich diese allerdings nicht. Man kann also wenigstens noch an den verbliebenen Resten der Konstruktion Maß nehmen, was meine Kollegen bereits vor vielen Jahren getan haben.

Modellbau

Das Modell könnte ich also auf Basis dieser Daten bauen und dabei auch auf Videos und Fotos zurückgreifen, insofern das wegen der Auflösung etwas bringt. Ich werde es «sehen».

Bild 7.29
Eine alte Ansichtskarte (1915) zeigt die Situation am Wehr in Richtung
Lichtenberg gesehen. Rechts unten geht die Strecke noch ca. 200 Meter
weiter bis zur Einfahrt in die Station Hölle.
AK Echt-Foto: Sammlung Horst W. Bauer


Bild 7.30
Eine Ansichtskarte aus alten, etwa um 1910, welches auf der linken Seite
auch einen Teil der Brücke zeigt. Damit lässt sich natürlich kein
konkreter Modellbau betreiben. Also, weiter recherchieren.
AK Echt-Foto: Sammlung Horst W. Bauer


Video Stills


Bild 7.31
Der erste Lagerstein in der Nähe des Wehrs.


Bild 7.32
Der zweite Lagerstein offenbart ein Geheimnis: 2 Löcher zur Aufnahme einer Traverse.


Bild 7.33
Erster Brückenkopf mit Brückenlager nahe dem Wehr.


Bild 7.34
Der zweite Brückenkopf mit Lagerstein auf der rechten Seite.


Synthesis    l    Tunnel-Viadukt-Tunnel

In meinem Modellbahnerleben habe ich bislang drei Anlagen gebaut, welchen trotz größter Sorgfalt bei Planung und Ausführung ganz entscheidende Kriterien fehlten: Authentizität und Ambiente. Jedenfalls blieb das so, bis ich eines Tages die Ausgabe 4/1984 vom Eisenbahn Journal in den Händen hielt, in der über die fränkische Höllentalbahn berichtet und auch fortgesetzt wurde. Da war es passiert – und hält bis heute mit starken Symptomen nachhaltig an.
Mein erster Besuch des Höllentals im September 1987 galt daher dem Selbitz-Viadukt, den ich zusammen mit meinem Bruder einen ganzen Tag lang vermaß. Was sich über die Jahre hinaus bis heute daraus entwickelt hat, das zeigen die folgenden Illustrationen.

Bild 7.35
Erste grobe Handzeichnung (rough copy) von der Synthesis aus dem Jahr 2000.


Bild 7.36
Umsetzung am Mac anhand meiner groben Handzeichnung:
Kesselfelstunnel–Selbitzviadukt–Kanzelfelstunnel (v.l.n.r.).
Die Illustration ist für Spur Null in 1:20 angelegt.



Planung, Rekonstruktionen, Fotos, Illustrationen, Zeichnungen und Modellbau: Horst Wilhelm Bauer

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