Planen

Ja, mach nur einen Plan!


Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch 'nen zweiten Plan. Gehen tun sie beide nicht. Wer kennt nicht Bertold Brecht's Ballade von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens aus der Dreigroschenoper. Und wer hat nicht schon bei seinen Planungen das leidvoll erfahren müssen? Mir ist es ebenso ergangen!

Dass jedoch der Projektplan Höllentalbahn nicht für schlappe Dreigroschen operable auf die Beine zu stellen ist, versteht sich von selbst. Es geht dabei um konkrete Anlagenplanung und deren Umsetzung, also nicht nur um nackte Theorie oder gar um Wunschdenken. Los geht's.


Erster Schritt    l    Messen und Planen

Am Anfang aller Planungen steht zunächst das Messen, wozu ich drei wichtige Faktoren nennen möchte, die beim Anlagenbau unbedingt zu beachten sind, ganz gleich in welcher Nenngröße. Sicherlich hat sich der eine oder andere Modellbahner schon einmal gefragt, wie z. B. eine Steigung, Durchfahrtshöhe oder Rampenlänge korrekt berechnet wird. Zuallererst müssen alle relevanten Abmessungen bekannt sein. Sind alle Maße bekannt, lassen sich Steigungen, Rampenlängen und Durchfahrtshöhen mit den nachfolgenden Formeln mühelos berechnen, sodass die Anlagenplanung erfolgreich verläuft. Allerdings sollte dabei noch ein ganz wichtiger Punkt unbedingt beachtet werden: das Lichtraumprofil.

Neigungsverhältnis (Steigung)
n (‰) = h (mm) x 1000 : l (mm)

Durchfahrtshöhe
h (mm) = n (‰) x l (mm) : 1000

Rampenlänge
l (mm) = h (mm) x 1000 : n (‰)

Wer nun immer noch nicht weiter weiß, der nehme eine Kombizange aus seiner Werkzeugkiste, lege den linken Daumen auf die Werkbank und schlage nun drei Pater Noster lang mit der Zange auf den linken Daumen (Linkshänder bitte umgekehrt).  ;-)

Das Festlegen der Radien ist ein entscheidendes Kriterium
Das Stadium der Planung erfordert «höggschde» Konzentration und eventuell ein wiederholtes Nachmessen im Anlagenraum. Sollte in dieser entscheidenden Phase geschludert werden, braucht man sich später über ständige Betriebsstörungen nicht zu wundern. Daher ist es nichts Schlimmes, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass man sich den einen oder anderen Plan hätte schenken können. 

Beispiel Spur 1 Anlage
Bei der Anlagenplanung wurden im sichtbaren Bereich alle Radien nach Vorbildmaßen angelegt, nur die Kehre zum Wehr (Bild 1.3) und die Kurve nach dem Muschwitz-Viadukt (Bild 1.2) mussten den räumlichen Gegebenheiten Tribut zollen und wurden im zwei Meter Radius angelegt. Sei's drum! Hier ein Auszug von meinen Planungsunterlagen für die ehemalige Spur 1 Anlage.

Bild 1.1
Zunächst verwirrend, jedoch bei eingehender Betrachtung wird einiges klar.
Noch irgendwelche Fragen?


Bild 1.2
Der Bereich Blechschmidtenhammer mit Übergang von 2000 mm Radius
auf 9375 mm Vorbildradius (300m). Weil in diesem Bereich bereits
Vmax 15km/h gilt, ist kein Vorbogen notwendig und war auch
beim Vorbild nicht der Fall.


Bild 1.3
Erster Grafikplan der Anlage auf Basis der bereits erstellten Segmente.
Diesen Plan habe ich einige Mal abgeändert, bis alles so war,
wie es die nachfolgende Grafik darstellt.


Bild 1.4
Absolut maßstäblicher Gleisplan von der Station Lichtenberg
im Stadtteil Blechschmiedenhammer.


Bild 1.5
Schnittzeichnung eines Schüttbahnsteig gemäß EBO 1905
der KPEV mit Angabe von Originalmaßen zum Übertragen
auf den gewünschten Modellmaßstab.


Zweiter Schritt    l    Segment- und Modulbau

Aufgrund der Bauerfahrung bei der alten Spur 1 Anlage (2003-2004), insbesondere in der vorteilhaften Segmentbauweise (gilt auch für stationäre Anlagen!), möchte ich die daraus gewonnen Erkenntnisse gerne an zukünftige Anlagenbauer bildlich weitergeben. Bewährt hatte sich u. a. die Art und Weise der Herstellung der Segmente, die allesamt aus Tischlerplatte entstanden waren.

Die nachfolgenden Abbildungen sind Beispiele aus dem professionellen Anlagenbau und wegen der Größe nicht so einfach auf heimische Anlagen übertragbar. Allenfalls als Anregung für den Bau von Modul-Segmenten für die eigene Heim- oder Ausstellungsanlage.

Bild 1.6
Mithilfe dieser einfachen Konstruktion wurden alle notwendigen
Rahmenholzteile für die 30º Segmente zugeschnitten …


Bild 1.7
… und in einer weiteren Hilfskonstruktion gleich montiert. Bei dieser Art
des Zusammenbaues, also stets an der gleichen Seite angeschlagen, stimmen
am Ende auch alle Winkel.


Bild 1.8
Grundrahmen der bereits vollständig ausgerichteten 30º Segmente.


Bild 1.9
Konstruktion zum Übertragen notwendiger Radien auf die Segmente,
damit die Trassenstützen leicht auf Gleismitte montiert werden konnten.


Bild 1.10
Der großen Mühe Lohn: Stimmige Umsetzung von Planung und Berechnung,
gepaart mit handwerklichem Können. Hier gibt's kein Holpern und kein
Stolpern, was gerade beim Durchfahren von Gleisbögen äußerst wichtig ist!


Bild 1.11
Mithilfe einer im Neigungsverhältnis von 1:100 eingemessenen Richtschnur
und einer Wasserwaage, wurde die korrekte Neigung der Trasse abgeglichen
und gleichzeitig dabei festgestellt, ob alles exakt im «Wasser» steht.
Die im Hintergrund sichtbaren Segmente gehörten zur Station Hölle.



Planung, Konstruktion, Fotos, Zeichnungen, Illustrationen und Modellbau: Horst Wilhelm Bauer

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